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"The Cry of the Owl" ist ein Roman der berühmten amerikanischen Schriftstellerin Patricia Highsmith. Sie wird häufig als Autorin von Spannungsromanen bezeichnet, viele stellen sie als Vertreterin des Psychothrillers dar. Inwiefern es sich bei "The Cry of the Owl" um einen Spannungsroman oder gar Psychothriller handelt, behandelt Bernd Wicik in dieser Rezension.
"The Cry of the Owl" ist die Story von Robert Forester und Jennifer Thierolf. Es beginnt damit, dass der Ingenieur Robert in der abendlichen Dunkelheit Jenny von draußen beobachtet, als sie in der Küche ist. Er tut es immer wieder, ohne jede sexuelle Motivation, bis sie ihn entdeckt. Anstatt die Polizei zu rufen, lädt sie ihn in ihre Küche ein. Robert sieht Jenny als Freundin, sie verliebt sich in ihn. Unheil bringt der eifersüchtige Verlobte Greg Wyncoop, den Jenny verlässt. Er kämpft gegen Robert und verbündet sich mit dessen boshafter Ex-Frau Nickie. Intrigant betreiben sie eine Rufmordkampagne gegen Robert. Jenny begeht Selbstmord. Roberts bürgerliche Existenz zerbricht, und Greg geht mit ihm unter. Am Schluss greift Greg Robert gar mit einem Messer an. Der Roman endet im Konflikt.
Erzählt ist diese Geschichte in schlichter Sprache. Die modernen Tricks des unterhaltungsorientierten Psychothrillers hinsichtlich gewollter Lesertäuschung finden sich nicht.
Robert und Jenny haben beide psychische Probleme, ihre Beziehung ist durch eine kontrastierende Anspruchshaltung aneinander gekennzeichnet. "The Cry of the Owl" stellt vor allem diese Beziehung dar. Als etwa nach der Hälfte des Romans Greg gewalttätig wird, wehrt sich Robert, aber mit Mäßigung. Er rettet Greg sogar vor dem Ertrinken. Geduldig wie der biblische Job, dem Gott aus Demonstrationsgründen das Leben zur Hölle macht, erträgt Robert in der Folge die ungerechtfertigten Angriffe von Polizei, Nachbarn, seiner Ex-Frau und anderen. Alles Unheil, das sich entwickelt, wird nicht durch Roberts Aggression begründet, sondern durch die Spießigkeit des Umfelds. Es ist die Amour fou und die Kritik an der verblendeten Gesellschaft, was den Roman kennzeichnet. Es sind Thriller- und Krimielemente enthalten, aber die sind selten in einer Weise eingesetzt, wie sie für Spannungsromane und Psychothriller charakteristisch ist.
Die wichtigste Wendung ist nicht auf Effekt hin gearbeitet. Der Ex-Verlobte Greg Wyncoop verschwindet nach der Prügelei mit Robert Forester. Die Polizei vermutet Robert als Mörder. Später taucht Greg Wyncoop wieder auf.
In "The Cry of the Owl" ist Realitätsnähe wichtiger als Effekthascherei. Die gesamte Handlung könnte jederzeit im ländlichen Amerika geschehen, auch heute. Überzeichnungen sind zurückhaltend gearbeitet, vor allem die vorurteilsbehaftete Wahrnehmung der Kleinstädter. Diese Grundhaltung passt zu dem Roman und ist ein Argument von vielen, das "The Cry of the Owl" nicht als Psychothriller ausweist.
Für Fans des heutigen Psychothrillers ist dieser Roman keine Entdeckung. Patricia Highsmith hatte bei der Niederschrift 1961 bis 1962 andere Ziele, als eine ausgefeilte Leserlenkung durch Perspektivenwechsel, Zeitversatz und überlebensgroße Figuren zu schaffen. Sie interessierte das Verhängnis, das eine verheuchelte Gesellschaft über Außenseiter bringt. Diese Darstellung ist gut erzählerisch herausgearbeitet, wenngleich selten spannend. Allerdings ist "The Cry of the Owl" eine emotional anstrengende Lektüre angesichts all der Ungerechtigkeit, die dem meist passiven Außenseiter Robert angetan wird.
Von Bernd Wicik wurde die English Edition von "The Cry of the Owl" als E-Book gelesen und rezensiert (Herausgeber: Virago Modern Classics). Als Paperback wurde der Titel von Patricia Highsmith via Atlantic Monthly Press herausgegeben (ISBN 978-0871132901, 272 Seiten, Reissue Edition, Januar 1994).
Die deutsche Ausgabe wurde unter dem Titel "Der Schrei der Eule" veröffentlicht. Herausgeber für alle Ausgaben (Print und E-Book): Diogenes Verlag, Zürich. Das Taschenbuch der New edition vom April 2003 umfasst genau 432 Seiten (ISBN 978-3257234084).
© "The Cry of the Owl": Psychothriller oder nicht? Die Rezension wurde verfasst vom Übersetzer und Lektor Bernd Wicik, 11/2020. © Abbildung des Buchcovers: Virago Press.
Mehr von Bernd Wicik lesen Sie hier auf unserem Portal: "All In Her Head" (Ein Nikki-Smith-Roman) sowie Robert Blochs Meilenstein "Psycho"
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