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Chris Carter ist ein amerikanischer Schriftsteller, der im Genre Psychothriller tätig ist. Als früherer Kriminalpsychologe ist er ein Mann vom Fach. Wie effektiv er im ersten Roman seiner Serie über die Detectives Hunter und Garcia Berufserfahrung und Fachwissen literarisch einbringt, beleuchtet in der nachfolgenden Rezension der Lektor und Übersetzer Bernd Wicik.
Chris Carters Roman "Der Kruzifix-Killer" ist Spannungsliteratur mit rauer Erzählweise. Betrachtet man die Bilder des Autors im Web, wirkt er mit seiner schwarzen Mähne und den Armtattoos wie jemand aus einer Heavy-Metal-Band. Alles passt ins Bild. Hardboiled lautet also die Devise!
Empfindliche Leser seien gewarnt: Chris Carter liebt es, den Finger in die Wunde zu legen. Und eine Runde nach der anderen darin zu drehen und immer wieder zu bohren. Sein Roman-Erstling ist ein Psychothriller, der den menschlichen Körper bisweilen wie im Splattergenre behandelt. Wer partout nicht wissen will, was Essig auf den freiliegenden Nerven eines enthäuteten Gesichts anrichtet, sollte um Chris Carter einen Bogen machen. Wer sich auf seine harte Tour einlässt, kriegt spannende Kost serviert. Und immer wieder den dazu passenden Reibeisenhumor.
Betrachten wir den Roman und seine Besonderheiten genauer. Wer sich den Lesespaß samt Überraschungen noch gönnen will, liest erst das Werk, denn ab jetzt spoilert es.
Chris Carter als professioneller Kriminalpsychologe macht das, was die Meisterklasse der Autoren tut: Er zaubert jederzeit Details aus dem Ärmel, die die Story bereichern. Niemals fährt er Fachwissen auf, um sich damit zu profilieren. Er schreibt nur für den unterhaltungsorientierten Leser und nie wider die möglichen Gegenargumente anderer Psychologen. Ein Könner ohne Arroganz und akademisches Rechtfertigungsgehabe. Nanu, eine steife Brise Meisterklasse mit Sympathiebonus bereits im Erstlingswerk? Respekt!
Robert Hunter ist der Held der Serie und ein etablierter Detective in Los Angeles. Garcia kommt neu hinzu. Die zwei kontrastieren sich stark. Hunter ist ein chaotischer Hochbegabter mit Alkoholproblem, Garcia der zwanghaft saubere Typ. Der Leser fragt sich, ob sie zu buddies werden und wie lange sich Garcia vom alten Bullen Hunter noch als Grünschnabel titulieren lassen muss.
Chris Carter tut sich schwer damit, Rückblenden zu balancieren. Manchmal erzählt er viel Backstory, während die Story eigentlich rollen sollte, und verliert sich im Rückwärtssog. Er ist auch Musiker, eigentlich sollte ihm die rhythmische Balance von aktuellem Geschehen und Hintergrundinformationen besser gelingen. Ihm fehlt die souveräne Kontrolle über die Zeitebenen und den Erzählfluss.
Dieser Roman ist ein Lehrbuchbeispiel für einen Psychothriller. Serienmörder! Vernehmung einschließlich Hirnforschung! Bühnenartig komponierte Hinrichtungen! Überschneidungen finden sich zu den Nachbargenres Horror und Detective Novel. Chris Carter ist konsequent in seinem Bestreben, einen spannenden Genreroman für Fans abzuliefern. Er lebt und liebt das Genre. Erfindet er es neu, setzt er Meilensteine? Nein, er setzt auf Altbewährtes.
Wer Psychothriller sagt, muss auch Pointe liefern. Genreleser erwarten den Twist. Sie raten mit. Und sie sind anspruchsvoll. Chris Carter versucht, dem gerecht zu werden. Sein Killer ist eine Killerin, sie hat sich als Isabella eine andere Persönlichkeit verliehen und sich in das Leben des Detective eingeschlichen. Natürlich ist das konstruiert, und es ist auch an der Grenze zum Trash. Aber Trashnähe hat das Konstrukt Isabella als Hunter-Freundin im ganzen Roman.
Übrigens kommt noch eine fiese kleine Pointe nach der großen. Der Pathologe findet nach dem Tod der Killerin heraus, dass sie vermutlich ein Kind mit Hunter gezeugt hat. Zum Zeitpunkt des Todes war das Kind wenige Wochen alt.
Chris Carter weiß, was er will: knallharte Unterhaltung für Genrefans! Wer sich bei Psychohorror unterhält und auf stilistische Eleganz verzichten kann, kriegt es von ihm in Reinkultur. Für den einen oder anderen Leser wird es aber zu derb und dreckig. Essig ätzt!
"Der Kruzifix-Killer" ist ein gelungenes Debüt. Chris Carter wirkt über die gesamte Dauer des Romans authentisch in dem, was er tut. Wie ein Typ, den man in Wacken auf dem Campingplatz trifft, während aus den Lautsprechern neben dem Zelt Slipknot erklingt. Chris Carter macht so viel richtig, dass es eine Freude ist. Eleganz und Innovation zählen leider nicht zu den vielen Positivfaktoren.
– Die Buchausgabe in Deutsch: "Der Kruzifix-Killer: Ein Hunter-und-Garcia-Thriller", Taschenbuch 480 Seiten. Im Ullstein Verlag 2009 erschienen, ISBN 978-3548281094.
– Das Audible-Hörbuch in Deutsch: Spielzeit 11 Stunden und 58 Minuten, ungekürzte Ausgabe. Hörbuch Hamburg, August 2017, gelesen von Uve Teschner.– English Edition: "The Crucifix Killer" – Cross your heart and hope to die ... Quickly, Paperback 448 Seiten. Veröffentlicht 2018 via Simon & Schuster Ltd.
– Das Audible-Hörbuch in Englisch: Spieldauer 11 Stunden und 13 Minuten, ungekürzte Ausgabe. Simon & Schuster Ltd., Februar 2017, gelesen von Thomas Judd.
© "Literatur für die Konzertpausen beim Open Air in Wacken": Eine Rezension des Lektors und Übersetzers Bernd Wicik, 08/2020. Abbildung des Buchcovers: Ullstein Buchverlage GmbH via Amazon.de.
Weitere Rezensionen von Bernd Wicik: "Butterfly Garden" (Ein Dot Hutchison Roman) | "Cold Silence" (Thriller von Danielle Girard)
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